Cannabis legal auf Rezept

Durch | 19. August 2019

Cannabis legal auf Rezept

Hasch statt Pillen? Über das heilsame Gras, das man nicht mähen muss

Cannabis legal auf Rezept ist seit dem 09.03  2017 möglich? Ist es aber so einfach auch wirklich so einfach sich Cannabis legal auf Rezept zu verschreiben lassen?

  • Cannabis-Gesetz im Bundesgesetzblatt – Am 9. März 2017
  • Cannabis-Blüten und -Zubereitungen in Deutschland ab dem 10. März 2017 verkehrsfähig
  • können von jedem Arzt unabhängig seiner Fachrichtung verordnet werden
  • in der Pallitativversorgung
  • in kontrollierter Qualität
  • Bezahlung durch Krankenkassen

Zitat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

Schwerkranke Menschen müssen bestmöglich versorgt werden. Dazu gehört, dass die Kosten für Cannabis als Medizin für Schwerkranke von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders wirksam geholfen werden kann.

Wohl kaum eine Pflanze ist so begehrt wie das Hanf (oder auch bekannt als Cannabis). Von den einen wird es aufgrund seiner psychoaktiven Wirkung geliebt, von den anderen als berauschende Droge verteufelt und wiederum von anderen als beruhigendes, schmerzlinderndes Therapiemittel in bestimmten Krankheitsfällen händeringend gebraucht.

Die Diskussionen rund um Cannabis sind wahrlich hitzig und kontrovers. Was für den einen als „Hochgefühle“ auslösender „Highmacher“ genutzt wird, ist für den anderen alles andere als eine Droge. Für immer mehr Schwerkranke ist Cannabis der letzte Strohhalm, an dem man sich genau dann festklammert, wenn sonst kein Medikament mehr anschlägt. Warum Cannabis so derart tabuisiert ist, ist vor dem Hintergrund, dass es schon seit Jahrtausenden als Heilpflanze Verwendung findet, durchaus verwunderlich.

Der „Cannabis-Stand“ der Dinge in Deutschland
Die heutige Situation rund um den Gebrauch von Hanf ist in Deutschland klar mit Verboten und Einschränkungen belegt, ein Weg zur Lockerung und Legalisierung scheint aber in der Zukunft denkbar zu sein.
Abgesehen davon, dass in Deutschland rund zwei Millionen Menschen regelmäßig mit dem Konsum von Haschisch oder Marihuana „runterkommen“, so ist der Kauf und Besitz von Hanf, ja selbst von seinen Samen, in Deutschland strafbar oder bedarf in Ausnahmefällen einer vorherigen Genehmigung. Wer in den Niederlanden in einem der Coffee Shops „shoppen“ geht, darf seine „Beute“ nicht mit nach Deutschland nehmen. Es anzubauen ist natürlich ebenfalls nicht erlaubt. Doch die Rufe renommierter Ärzte werden immer lauter: Die beiden Hauptwirkstoffe von Cannabis, das Dronabinol (THC, Tetrahydrocannabinol) und das Cannabidiol (CBD), können bei diversen Krankheitsbildern durchaus Potenziale heilender, entzündungshemmender, entkrampfender, appetitfördernder und schmerzlindernder Art entfalten. Daraufhin hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Das Dronabinol darf seit geraumer Zeit von Ärzten auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden (maximal 500 mg in 30 Tagen für rund 500 Euro). Multiple Sklerose-Patienten mit starken spastischen Krämpfen erhalten einen Mix aus zwei Cannabis-Inhaltsstoffen sogar auf Kassenkosten. Damit sind sie aber auch schon die Einzigen, die dieses Privileg genießen. Generell kann man im akuten Bedarfsfall eine Ausnahmegenehmigung bei der Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragen, um entweder Cannabis-Blüten oder Extrakte aus der Apotheke erwerben zu können oder es überhaupt in Form von Medizinprodukten zu sich nehmen zu dürfen.
Am 15. April 2014 hat Dr. med. Franjo Grotenhermen als Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“ sowie als Geschäftsführer der International Association for Cannabinoid Medicines (IACM) eine Petition für „Cannabis und Cannabionide als Medizin“ an den Deutschen Bundestag geschickt und so einen weiteren Stein ins Rollen gebracht. Hierin fordert er die Bundesregierung dazu auf, Maßnahmen einzuleiten, durch die die Ausgaben, die im Rahmen einer Cannabis-Behandlung entstehen, finanziert werden können. Des Weiteren plädiert er für einen Beschluss, der die Einstellung der Strafverfahren gegen Patienten beinhaltet, deren Cannabisbedarf als ärztliche Notwendigkeit bescheinigt wurde, die jedoch über keine explizite Genehmigung verfügen oder die mehr als die maximal erlaubte „geringe“ Menge für ihre Schmerztherapie benötigt haben.

Wann Cannabis-Wirkstoffe medizinisch helfen können
Wer jetzt hofft, in Zukunft einen Joint beim Arzt rauchen zu können, der irrt sich gewaltig. Denn von den natürlichen Cannabisprodukten grenzen sich die medizinischen Präparate aufgrund ihrer stets niedrigen und konstanten Dosierung klar ab. Die Einsatzbereiche von Cannabis sind im gesundheitsrelevanten Bereich wahrlich breit gefächert. Die Wirkstoffe können zum Beispiel bei Krebs-, Aids- und MS-Kranken Stress reduzieren, die Nerven beruhigen, Entzündungen dämpfen, Übelkeit hemmen, Krämpfe lösen, Schmerzen lindern oder auch den Appetit anregen, was im Falle einer starken Abmagerung im Rahmen einer Chemotherapie lebensrettend sein kann. Auch wurden in einigen Fällen positive Auswirkungen neurologischer Art durch Cannabis-Wirkstoffe festgestellt, sodass THC und CBD zur Behandlung von Tourette-Syndrom, ADHS, Depression ebenso wie Parkinson eingesetzt werden könnten. Für Patienten mit Glaukom kann ein Medikament mit Cannabiswirkstoffen durchaus die Senkung des Augeninnendrucks begünstigen.

Die Sache mit den Nebenwirkungen
Natürlich kommt es wie so oft auf das richtige Maß an. Eine zu hohe Dosis vor allem vom psychotropen THC kann Angstzustände und Psychosen begünstigen. Isoliertes Cannabidiol kann wiederum vor Psychosen schützen. Um eine zu hohe Dosis zu vermeiden, erfolgt die Medikation stets „einschleichend“. Das Suchtrisiko wird bei Cannabis als Arznei daher im Allgemeinen als äußerst gering eingestuft, ganz im Gegensatz zu vielen anderen opioiden Schmerzmitteln. Als Nebenwirkungen tauchten bei einer Patientin beispielsweise verstärktes Lachen auf, bei einer anderen das Gefühl der Benommenheit, gegebenenfalls kann es auch zu verstärktem Herzklopfen kommen. Dennoch ist bei einer ärztlich betreuten kontrollierten Cannabis-Therapie von gravierenden Nebenwirkungen nicht auszugehen, da man sich verstärkt die positiven Effekte in Form der Entspannung und Euphorisierung zunutze macht. Experten raten allerdings von einer Therapie bei Kindern und Jugendlichen ab, da bei diesen das Gehirn noch nicht vollständig entwickelt ist und so zu früh Einfluss auf das vegetative Nervensystem genommen wird. Im Großen und Ganzen dominieren jedoch die befürwortenden Stimmen seitens der Medizin, die sich eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Thema aus den politischen Reihen wünschen würden.

Natur versus Synthetik
Vergleicht man das synthetisch hergestellte Cannabis mit der natürlichen Pflanze, so ist die Herstellung des künstlichen Präparates deutlich aufwendiger und auch teurer als der pflanzliche Anbau, was das Endprodukt und somit die mögliche Therapie auch kostenintensiver macht. Bei der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (IACM) ist die Rede davon, dass die pflanzlichen Präparate laut diverser Vergleichsstudien einen kleinen Vorsprung hinsichtlich ihrer Wirkungserfolge haben. Eine bessere Dosierung ist natürlich mit den synthetischen gewährleistet und somit ein geringeres Nebenwirkungsrisiko gegeben. Letztlich darf man jedoch nicht vergessen, dass natürliche Cannabisprodukte, selbst in homöopathischer Form, nach wie vor nicht erlaubt sind, wobei neuerdings die Tendenz zu erkennen ist, dass von strafrechtlichen Verfolgungen abgesehen wird, wenn eine Privatperson aus gesundheitlichen Gründen im Besitz von Cannabis ist und diesen auch im privaten Rahmen konsumiert. Trotzdem befindet sich hier noch eine Grauzone, die es klar abzustecken gilt.

Verfügbarkeit von THC-Präparaten
Was die Verfügbarkeit von THC-Präparaten hierzulande angeht, sieht es nicht wirklich rosig aus. Der Import von Marinol, der bislang einzigen Fertigarznei aus den USA (von Unimed Pharmaceuticals), erfolgt nur mittels eines Betäubungsmittelrezeptes. In Deutschland verarbeiten sowohl die THC Pharm GmbH mit Sitz in Frankfurt als auch die Bionorica Ethics (Neumarkt) Faserhanf zu Dronabinol, das wiederum Apotheken zur Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt wird. Als Endverbraucher-Patient muss man daher immer den langwierigen Weg der Behörden gehen und einen Antrag stellen.

Legal oder nicht legal – das ist hier die Frage
Ob die generelle Legalisierung von Cannabis schon in Reichweite ist, ist schwer zu sagen. Doch wenn sich über hundert hochrangige deutsche Strafrechtsprofessoren für eine Legalisierung von Cannabis einsetzen, wie dies erst kürzlich geschehen ist, dann hat das auf jeden Fall etwas zu bedeuten. Die Entwicklung bleibt in dieser Angelegenheit spannend. Ob und wann Gesetze zur Entkriminalisierung und zur Lockerung geschrieben werden, steht jedoch noch in den Sternen. Aber wenn der Cannabis-Konsum selbst in vielen Ländern in den USA geduldet wird und die medizinisch-therapeutischen Vorzüge durch mehr und mehr Studien untermauert werden, hat das Hanf gute Karten, auch hierzulande vollständig enttabuisiert zu werden. Für viele Patienten besteht daher Grund zur Hoffnung. Denn gerade im Bereich der Schmerztherapie hätten Hanfprodukte das Zeug dazu, kleine Wunder zu vollbringen.

Im Kampf gegen Schmerzen
Immer öfter hört man Geschichten von Betroffenen, deren krankheitsbedingte Schmerzen, zum Teil auch chronischer Art, dank Cannabis um ein vielfaches gelindert werden konnten. Die Einnahme erfolgt meist oral, da die THC-Kapseln eine längere Wirkdauer entfalten als es beispielsweise beim Inhalieren der Inhaltsstoffe der Fall wäre. Bei schweren Fällen von Migräne, Rheuma und Schlafstörungen raten viele Ärzte auch zum Einsatz von Cannabis als Schmerzmittel. Selbst wenn Kritiker vor der Suchtgefahr warnen, so haben Schmerzmittel wie Morphin wesentlich schädlichere Nebenwirkungen als das Cannabis. Allerdings ist es immer noch für zu viele eine zu große Hürde das medizinisch relevante Cannabis zu erhalten. Entweder es fehlt an der jeweiligen Ausnahmegenehmigung oder die Kosten sind zu hoch. Wer sich da auf eigene Faust das Hasch oder Marihuana zur Eigentherapie organisiert, driftet nur zu leicht in die Illegalität ab.
So bleibt nur noch eines: Dass der Wunsch, die guten Seiten des Cannabis mögen auf kontrollierte Weise all denjenigen zeitnah zur Verfügung gestellt werden, die es dringend benötigen, Wirklichkeit wird.

Ansprechpartner
Wer sich mehr über das Thema informieren möchte, kann sich vertrauensvoll an die folgenden Ansprechpartner wenden:

Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin
Rückertstraße 4
53819 Neunkirchen
Tel: +49-2247-968083
E-Mail: info@cannabis-med.org

Internationale Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente
Am Mildenweg 6
59602 Ruethen
Tel: 02952-9708571
E-Mail: info@cannabis-med.org

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
– Bundesopiumstelle –
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
53175 Bonn
Telefon: +49-(0)228-99-307-5132
E-Mail: btm@bfarm.de

Nützliche Links:
http://www.cannabis-med.org/
http://www.cannabislegal.de/politik/bmgs-moeller.htm
http://www.hanflobby.de/archiv/cannabis-als-medizin-grotenhermen.html
www.cannabis-medizin-petition.de
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/medizinisches-cannabis-kampf-ums-gras-1.1767762
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/hintergrund-medizinisches-marihuana-wer-cannabis-auf-rezept-bekommt-1.1767775
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/legalisierung-von-cannabis-strafrechtler-wollen-drogen-gesetzgebung-reformieren-a-963054.html
http://www.apotheken-umschau.de/Medikamente/Cannabis-als-Arznei-Stoff-fuer-Herz-und-Hirn-328951.html
http://www.welt.de/gesundheit/article3213233/Erstmals-Cannabis-auf-Rezept-in-Deutschland.html
www.bfarm.de
http://www.onmeda.de/g-medizin/cannabis-hanf-auf-rezept-35.html
http://hanfverband.de/index.php/themen/cannabisfakten/1002-warum-hanf-ueber-die-oekologischen-und-oekonomischen-moeglichkeiten-des-rohstoffs-hanf
http://www.thc-pharm.de/
http://www.bionorica-ethics.de/ethics/
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,216388,00.html
https://www.lecithol.de/schmerzen-und-cannabis/
http://selbsthilfenetzwerk-cannabis-medizin.de/

Wer in die Tiefe gehen will, dem sei die folgende Literatur empfohlen:
Cannabis Mythen – Cannabis Fakten von Mathias Bröckers, Lynn Zimmer, John P. Morgan. Nachtschatten Verlag. März 2004.

Hanf als Medizin von Dr. med. Franjo Grotenhermen, Renate Huppertz. Hüthig Medizin, Stuttgart. 1997.

Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin von Manfred Fankhauser. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003.

Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol von Franjo Grotenhermen. AT Verlag, 2004.

Die Behandlung mit Cannabis und THC von Franjo Grotenhermen, Britta Reckendrees. Nachtschatten Verlag, 2006.

 

 

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