Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen

Durch | 1. August 2016

Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen

Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen

Das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist eine Erneuerung und Verbesserung des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Durch die Änderung soll die Situation in der Ausbildung für behinderte Jugendliche und junge Erwachsene deutlich verbessert werden. Die meisten Änderungen die in diesem Gesetz vorgenommen wurden betreffen aber zum großen Teil alle Menschen mit einem Handicap.

Wichtige Änderungen im Überblick:

  1. Beschäftigungspflicht

  2. Förderung der betrieblichen Ausbildung § 68, 72, 76, 102, 160, SGB IX

  3. Regelungen zur Ausgleichsabgabe § 71, 73, 75 SGB IX

  4. Beratung, Information und Unterstützung der Arbeitgeber § 84, 102, 110 SGB IX

  5. Besonderer Kündigungsschutz § 85, 88, 89, 128 SGB IX

  6. Maßnahmen der betrieblichen Prävention § 84 SGB IX

  7. Integrationsvereinbarung § 83 SGB IX

  8. Arbeit der Schwerbehindertenvertretung § 84, 95, 97 SGB IX

  9. Ausbau der Integrationsfachdienste § 13, 109 ff. SGB IX

  10. Förderung des Übergangs aus den Werkstätten für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt § 76, 102 SGB IX, 27 SchwbAV

  11. Zuständigkeitserklärung § 14 SGB IX

  12. Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft § 14, 69 SGB IX

  13. Zusatzurlaub § 125 SGB IX

  14. Persönliches Budget § 102 SGB IX

  15. Vorleistungsmöglichkeit § 102 SGB IX

Beschäftigungspflicht

Durch die Abschaffung vom § 71 Abs. 2 beträgt die abgesenkte Beschäftigungsquote jetzt 5%. In § 160 sieht das Gesetz jetzt vor, dass die Bundesregierung den gesetzgebenden Körperschaften über die Wirkungen der Instrumente zur Sicherung von Beschäftigung und zur betrieblichen Prävention berichtet. Dadurch soll die Höhe der Beschäftigungsquote überprüft und registriert werden.

Förderung der betrieblichen Ausbildung

Während der Berufsausbildung von schwerbehinderten Jugendlichen / jungen Erwachsenen sind diese mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Dies ermöglicht schwerbehinderten Jugendlichen / jungen Erwachsenen die einen Grad der Behinderung von weniger wie 30 zugesprochen bekommen haben oder bei denen der GdB noch nicht festgestellt wurde Fördermaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Die Agentur für Arbeit muss dann den Nachweis der Behinderung bescheinigen oder einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe erbringen. Für diesen Personenkreis kann der Arbeitgeber nach §102 Abs. 3 Nr. 2c Prämien und Zuschüsse für die Ausbildungskosten beantragen. Für die behindertengerechte Einrichtung des Ausbildungsplatzes § 102 Abs. 2a sowie Prüfungsgebühren bei der Ausbildung kann der Arbeitgeber nun beim Integrationsamt Leistungen beantragen und bekommt diese erstattet. Integrationsfachdienste die im Auftrag der Agentur für Arbeit, Begleitungsmöglichkeiten und Beratungsfunktionen bei Berufsorientierung und Beratung an Schulen ausführen, werden erweitert und ausgebaut. Schwerbehinderte Jugendliche, insbesondere seelisch und lernbehinderte Jugendliche sollen nach § 110 Abs. 1 einen Anspruch auf Begleitung durch den Integrationsfachdienst erhalten. Arbeitgeber sind angehalten, mehr Ausbildungsplätze an schwerbehinderte Jugendliche zu vergeben. Arbeitgeber sollen sich laut § 72 Abs. 2, Satz 2 nun mit der zuständigen Interessenvertretung und Schwerbehindertenvertretung über die Ausbildungsplätze für schwerbehinderte Jugendliche beraten. Stellt ein Arbeitgeber schwerbehinderte Jugendliche ein wird dies sogar noch 1 Jahr nach der Ausbildung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet. Laut § 76 Abs. 2 Satz 4 gilt dies für den ausbildenden aber auch für einen anderen Arbeitgeber.

Regelungen zur Ausgleichsabgabe

Ab jahresdurchschnittlich / monatlich 20 Arbeitsplätzen beginnt die Beschäftigungspflicht für schwerbehinderte Personen. Hat ein Arbeitgeber weniger wie 40 Arbeitsplätze jahresdurchschnittlich / monatlich so muss dieser einen schwerbehinderten einstellen. Bei weniger wie 60 Arbeitsplätzen jahresdurchschnittlich / monatlich muss dieser zwei schwerbehinderte Personen einstellen § 71 Abs. 1. Wenn eine Vertretung eingestellt ist werden Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit nicht mehr angerechnet § 73 Abs. 2 Nr. 7. Jeweils auf einen Pflichtplatz werden Arbeitnehmer angerechnet die aufgrund von Altersteilzeit weniger als 18 Wochenstunden arbeiten § 75 Abs. 2. Nicht mehr auf einen Pflichtplatz angerechnet werden, Arbeitnehmer, ehemals Hilfe zur Arbeit nach dem BSHG, Neuregelung im SGB II, § 73 Abs. 1 Nr. 6.

Information, Beratung, und Unterstützung der Arbeitgeber

Im SGB IX §§ 84, 102 und 110 ist festgelegt, in welcher Weise die Beratung, Information und Unterstützung der Arbeitgeber geschehen soll. Für die Einführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist die Zahlung von Prämien durch das Integrationsamt vorgesehen. Eine genaue Regelung dazu muss noch erfolgen. Zum Vergleich nachzulesen in § 102 Abs. 2 d i. V. mit § 26 c Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung. Ansprechpartner in allen Fragen der Beschäftigung von Schwerbehinderten sind das Integrationsamt und die Integrationsfachdienste. Alle Beteiligten am Arbeitsmarkt erhalten Informationen vom Integrationsamt über Ansprechpartner in Industrie und Handelskammern im örtlichen Zuständigkeitsbereich. Der Integrationsfachdienst ist für die Koordination der Erbringung der Leistungen zuständig. Diese Ansprechpartner beraten und informieren die Arbeitgeber.

Besonderer Kündigungsschutz

Die §§ 85, 88, 89 und 128 des SGB IX enthalten die Regelungen zum besonderen Kündigungsschutz. Neu ist, dass keine Stellungnahme von der Arbeitsagentur im Zuständigkeitsbereich mehr eingeholt werden muss. Grundlage ist in jedem Fall das Vorliegen der Feststellung einer Schwerbehinderteneigenschaft. Hat das Versorgungsamt noch keine Entscheidung getroffen, ohne dass der oder die Betroffene wegen mangelnder oder fehlender Mitwirkung irgendeine Schuld daran hat, gilt der Kündigungsschutz nur, wenn das Versorgungsamt alle Unterlagen vorliegen hatte und die Frist von 7 Wochen bereits abgelaufen war. Im laufenden Verfahren der Antragstellung besteht kein Kündigungsschutz mehr. Bei Betriebsauflösungen und Insolvenzverfahren ist eine Lösung nach Fiktionsverfahren vorgesehen. Hat das Integrationsamt nicht innerhalb der Frist von einem Monat entschieden, gilt der Kündigungsschutz gesetzlich nicht.

Maßnahmen der betrieblichen Prävention

In dem § 84 SGB IX ist festgehalten, welche Maßnahmen mit dem Ziel der Rehabilitation statt einer Entlassung zu ergreifen sind. Eine Frist von 6 Wochen ist gegeben, um mit dem arbeitsunfähigen Mitarbeiter Kontakt aufzunehmen. Umfassend und mit allen Beteiligten abgestimmt, ist ein Eingliederungsmanagement einzuführen. Die Beteiligten sind in dem Fall zunächst der Arbeitgeber und seine betriebliche Interessenvertretung. Schwerbehindertenbeauftragter oder Vertreter und Werk- bzw. Betriebsrat. Der Betroffene ist darüber zu informieren. Alle gemeinsam prüfen und klären, mit welchen Leistungen oder Hilfsmitteln eine Arbeit fortgeführt und einer weiteren Arbeitsunfähigkeit entgegengewirkt werden kann. Wichtig ist immer der Erhalt des Arbeitsplatzes auch durch Umbau oder maschinelle Ausgestaltung.

Integrationsvereinbarung

Der § 83 SGB IX regelt die Vorgaben für eine Integrationsvereinbarung. Zusammen mit präventiven Maßnahmen werden die Vorgaben und Vorschriften zur Integrationsvereinbarung genannt. So wird beispielsweise die Besetzung von freien Stellen bevorzugt für schwerbehinderte Frauen erwähnt. Auch die Quote von schwerbehinderten Mitarbeitern im Betrieb, Angebote von Teilzeitarbeit und die Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderungen gehören zu der Vereinbarung. Die Einbeziehung der Arbeitsmediziner, wie Werksarzt oder Betriebsarzt zu den Beratungen über Leistungen zur Teilhabe und besonderen Hilfen im Arbeitsleben sind ein Thema genauso wie das betriebliche Eingliederungsmanagement.

Arbeit der Schwerbehindertenvertretung

Die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeit der Schwerbehindertenvertretung ist in den § 84, 95, 97 SGB IX niedergeschrieben. Hierbei sind einige Rechte neu definiert bzw. niedergeschrieben worden. Maßnahmen zur Prävention in Gesundheitsfragen werden mit einem Initiativrecht zur Klärung versehen. Die Überwachung, ob der Arbeitgeber die ihm auferlegten Verpflichtungen auch erfüllt und Fristen dazu einhält. Je nach Größe des Betriebes, wenn 100 schwerbehinderte zu betreuen sind, kann das 1. stellvertretende Mitglied bei bestimmten Aufgaben mit dazu herangeholt werden. Das staffelt sich, wenn 200 schwerbehinderte zu betreuen sind. Dann kann auch das 2. stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung herangezogen werden. Diese Tätigkeit schließt auch die Abstimmungen miteinander und die Information an den Arbeitgeber mit ein. Ein Recht auf Teilnahme und Rederecht in den Betriebs- oder Personalversammlungen ist damit eingeschlossen.

Ausbau der Integrationsfachdienste

Dem Ausbau der Integrationsfachdienste wird große Bedeutung beigemessen. Das Integrationsamt hat die Strukturverantwortung für diese Fachdienste und ist somit verantwortlich für Beratungsangebote und deren Steuerung. Die § 13 und 109 ff. SGB IX regeln die Verantwortlichkeiten. Für die seelisch behinderten Menschen sollen sich die Fachdienste künftig verstärkt bemühen. Bei Berufsorientierung und Ausbildung behinderter Jugendlicher verstärkt einsetzen und mit den Rehabilitationsträgern, den Industrie- und Handelskammern und den Organisationen der Berufsstände verstärkt zusammenarbeiten, ist den Integrationsfachdiensten vorgegeben worden.

Förderung des Übergangs aus den Werkstätten für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt

In dem § 76, 102 SGB IX, 27 SchwbAV erfolgt die Regelung zur Förderung des Übergangs von Menschen mit Behinderung auf den ersten und allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Instrument der Ausgleichsabgabe in diesem Zusammenhang wird zur Anrechnung gebracht. Für einen Menschen, der im Rahmen dieser Förderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt eine Beschäftigung findet, wird ein Pflichtplatz im Rahmen der Abgabe angerechnet. Die Agentur für Arbeit hat die Möglichkeit, sogar 3 Pflichtplätze zur Anrechnung zuzulassen. Zuschüsse an den Arbeitgeber werden gewährt, um seinen zusätzlichen Aufwand abzufedern. Diese Zuschüsse für die außergewöhnlichen Belastungen kann der Arbeitgeber auch für Praktika oder Probebeschäftigungen erhalten.

Zuständigkeitserklärung

Sollte gemäß § 14 SGB IX ein Rehabilitationsträger für einen Antrag über Erbringung von Leistungen überhaupt nicht zuständig sein, klärt er fristgerecht mit dem wirklich zuständigen Träger die Leistungserbringung und informiert den Antragsteller darüber. Gutachten haben innerhalb von 2 Wochen nach der Erteilung des Auftrages erstellt zu werden.

Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft

Bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft kommen die § 14 und 69 SGB IX zur Anwendung. Unter Pflicht zur Mitwirkung des Antragstellers kann ein Erwerbstätiger beim zuständigen Versorgungsamt seine Schwerbehinderteneigenschaft feststellen lassen. Ein Schwerbehindertenausweis kann unbefristet ausgestellt werden.

Zusatzurlaub

Der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte gem. § 125 SGB IX wird anteilig berechnet. Wer für das ganze Jahr bereits die Schwerbehinderung nachweisen konnte, erhält den vollen Zusatzurlaub. Ansonsten gilt für jeden anrechnungsfähigen Monat ein Zwölftel des Zusatzurlaubes. Ergibt sich rechnerisch ein halber Urlaubstag, ist der durch aufrunden als ein voller Tag zu rechnen. Sofern eine rückwirkende Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt wurde, findet bei der Übertragung des Zusatzurlaubes immer die arbeitsrechtliche Urlaubsregelung Anwendung.

Persönliches Budget

Gemäß § 102 SGB IX kann das Integrationsamt begleitende Hilfe im Arbeitsleben als persönliches Budget erbringen.

Vorleistungsmöglichkeit

Sofern eine sofortige Ausführung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich ist, kann diese als vorläufig durch das Integrationsamt erbracht werden. Sollte allerdings ein anderer Träger zuständig werden, erfolgt die Erstattung der Aufwendungen gem. § 102 SGB IX.

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